Biomasse-Bilanzen von Wald und Moor

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In Naturschützerkreisen wird gerne die Ansicht verbreitet, Moore wären wesentlich effektivere Biomasseproduzenten als z.B. Wälder und würden damit der Atmosphäre entsprechend mehr CO2 entziehen, weswegen man bei der Reinstallation angeblicher Moore per Wiedervernässung auf Waldbestände keine besondere Rücksicht zu nehmen hätte. Als Beleg für diese Ansicht wird gerne eine "Ökobilanz" des biologischen Kohlenstoffkreislaufs dieser Erde bemüht.

Auch hier weisen gewisse Kreise den lebenden Mooren eine besondere Rolle zu: Moore machen zwar nur 3% der belebten Festlandoberfläche aus, beinhalten aber angeblich 30% der im Biokreislauf global anfallenden Humusmenge.

Mit dieser Behauptung wird suggeriert, dass Moore im Vergleich zu anderen Landschaftsformen eine exorbitant hohe Biomasseproduktion und damit eine entsprechend ungewöhnlich große Humusproduktionsrate aufweisen. Dem ist allerdings nicht so. Auch in den Mooren wachsen (im besten Fall) "normale" Pflanzen, d.h. die Biomasseproduktion ist dort höchstens durchschnittlich. Bei kargen Hochmooren ist sie erwiesenermaßen sogar ausgesprochen dürftig.

Ursache dieser Fehlinterpretation ist die Einbeziehung der toten Torflager unterhalb der belebten Bodenzone, die sich über sehr lange Zeit gebildet haben und damit nicht mehr am aktuellen Biomassekreislauf teilnehmen. Wenn man auf obigem Standpunkt beharren möchte, müsste man auch die Braunkohlelager in die Biomassestatistik einbeziehen, womit die "Aussagekraft" solcher Überlegungen bzgl. der globalen Biomasseproduktion für Jeden erkennbar gegen Null tendiert.

Biomassezuwachs im Hochmoor

Die frische Biomasse im Moor besteht zu über 90% aus Wasser. Relevant für die Kohlenstoffbindung durch Bildung organischen Materials ist aber nur die Trockensubstanz der Biomasse. Im Folgenden wird die Trockenbiomasseproduktion von Wald und Moor, bzw. der damit verknüpften Kohlenstoffbindung aus der Atmosphäre verglichen.

Kennzeichen eines Hochmoores ist der sehr niedrige Nährstoffgehalt des Bodens, was auch Ursache für das Auftreten fleischfressender Pflanzen (Sonnentau) ist.

Der gemessene jährliche Trockenbiomassezuwachs im Hochmoor beträgt in unseren Breiten ca. 10 - 100 gr/m², je nach Entwicklungsstadium und Umgebungsbedingungen des Moores. Setzt man im Mittel einen jährlichen Aufwuchs von 50 gr/m² Trockenbiomasse an, so ergibt sich ein Zuwachs von ca. 0,5 Tonnen Trockenbiomasse/ Hektar und Jahr.

Biomassezuwachs von Wäldern

Bayernweiter Durchschnitt:
11- 12 m³ (Festmeter)/Hektar und Jahr. Für trockenes Holz wird in der Literatur eine mittlere Dichte von 500- 600 kg/m³ (abhängig von der Holzart) angegeben. Dies entspricht einem Aufwuchs von ca. 6 Tonnen Trockenbiomasse/ Hektar und Jahr.
Ein durchschnittlicher Wald bildet also 10 x mehr Trockenbiomasse als ein Moor gleicher Fläche und entzieht daher in der gleichen Zeit der Atmosphäre entsprechend mehr CO2.

Moorwälder

Moor-Renaturierungen in Richtung Moorwald sind unter dem Aspekt der Biomasseproduktion wesentlich effektiver als die hypothetische Reinstallation von Hochmooren im Verlauf von mehreren hundert Jahren. In der Erdgeschichte entwickelten sich die heutigen Kohlelager aus Waldmooren und nicht aus den Hochmooren.

Moorwälder kommen mit niedrigeren Grundwasserspiegeln zurecht, es müssten keine Wiedervernässungsorgien veranstaltet werden. Auch im Hinblick auf den anstehenden Klimawandel dürften sich Moorwälder als wesentlich stabiler erweisen als die hypothetischen Hochmoore.

Auf den Vorteil einer landschaftsgestalterischen Aufforstung ehemaliger Moorflächen mit waldmoortypischen Bäumen wies Hans Schmeidl von der Moorversuchsanstalt Bernau schon vor fast 50 Jahren hin.

Angesichts der notwendigen Anpassungen unserer Landschaften im Hinblick auf den heranrollenden Klimawandel und einer ausreichenden Daseinsvorsorge der Bevölkerung (z.B. bezüglich des Bodenwasserhaushalts) ist die rückwärtsgewandte Totalwiedervernässung weitester Flächen zur Installation kahler Torfmoosebenen schlichtweg unverständlich und kontraproduktiv. Mit solch überidealisierenden Naturauffassungen wird unnötig Zeit vergeudet.

Literatur: Hans Schmeidl
Zur Frage einer Regeneration aus den landwirtschaftlichen Nutzung genommener Hochmoorflächen.
TELMA Band 2, Seite 119; 1972.
Natürliche Moorwaldbestände im südostbayrischen Raum.
TELMA Band 8, Seite 193; 1978.

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