Energiequelle Torf

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Holz und Holzkohle waren über lange Zeiten die wichtigsten technischen Energie- und Heizquellen für die damaligen Gesellschaften und Bevölkerungen.

Im ersten Moment könnte man vermuten, dass es in dieser guten alten Zeit durch die Nutzung des nachwachsenden Rohstoffs Holz "ökologisch" besonders nachhaltig zuging.

Obwohl bereits vor Jahrhunderten die Notwendigkeit forstlicher Nachhaltigkeit im Prinzip bekannt war, wurde in unseren Breiten dennoch weitverbreitet Raubbau an Wäldern aus unterschiedlichsten kurzfristigen Interessenslagen heraus betrieben.

Der komplette Zusammenbruch der Nachhaltigkeit in der Energiewirtschaft wurde aber letztlich durch den deutlichen Zuwachs der Bevölkerungszahlen verursacht, der in den letzten Jahrhunderten einsetzte und sich seitdem exponentiell beschleunigt, mit dem Ergebnis, dass sich in absehbarer Zeit 10 Milliarden Menschen mit einem noch weiter zunehmenden Ressourcenverbrauch auf diesem Planeten tummeln werden.

Dies erzwang schon damals eine zunehmende Mechanisierung und Technisierung der Gesellschaft, die unter anderem nur durch die Erschließung "neuer" Energiequellen mit wachsendem Ressourcenverbrauch zu leisten war.

Haupttreiber in der Anfangsphase der Industrialisierung war dabei die auch geostrategisch wichtige Schwerindustrie mit der Herstellung von Eisen und Stahl als Werkstoffe für die Produktion z.B. von Antriebstechnik (anfangs Dampfmaschinen etc.), Verkehrstechnik (Eisenbahn, Schiffsbau), Waffen (Krupp, Skoda) und Bauwerken (u.a. Brücken, Eiffelturm).

In Europa setzte in diesem Zusammenhang ein Technologie- und Kostenwettbewerb im Hinblick auf die zur Eisen- und Stahlgewinnung notwendigen Festbrennstoffe Braun- und Steinkohle sowie Torf ein.

Das Torfproblem

Torf ist nach der Entnahme aus dem Moor wegen seines immens hohen Wassergehalts im Gegensatz zu Kohle nicht unmittelbar als Heizmaterial verwendbar und muss recht aufwendig getrocknet werden. Er galt dann immer noch als ein eher minderwertiger Brennstoff. Um im industriellen Umfeld dennoch eine Chance zu haben wurden verschiedene Strategien zur Steigerung der Rentabilität der Torfverwertung im Lauf der Zeit verfolgt:

  • Der Torfabbau sollte nur auf Flächen erfolgen, die nach Abtorfung kolonisiert und landwirtschaftlich genutzt werden können (Mischkalkulation).
  • "Veredelung" des Festbrenntorfs Torf durch Verdichtung des Brenntorfs zur Steigerung des Heizwerts pro Volumen, um die Transportkosten zu senken und die Vielfalt der Verwendungsmöglichkeiten zu erweitern.
  • Herstellung von Torfkohle und Torfkoks als Hochleistungsbrennstoffe.
  • Torfvergasung: Holzvergaserprinzip auf der Basis von Torf zur Erzeugung von brennbarem Generator- oder Synthesegas für technische Heizzwecke bzw. als Betriebsstoff für sog. Gasmotoren.
  • Verstromung vor Ort in den Mooren in sog. Kraft- oder Überlandzentralen ohne aufwendige Veredlungsschritte des Torfs, bzw. zur Vermeidung hoher Transportkosten, ähnlich wie es heute in den Braunkohlelagern geschieht. Torfenergie wird in Form elektrischer Energie transportiert. Es existiert auch heute noch eine Reihe von Torfkraftwerken, es werden sogar neue Anlagen, z.B. in Afrika installiert.

Letztlich schied bei uns der Torf als Industriebrennstoff von breiter volkswirtschaftlicher Bedeutung aus diesem Rennen aus. Torf war trotz aller technologischer und markttechnischer "Tricks" auf Dauer für den breiten Industrieeinsatz preislich bei uns nicht konkurrenzfähig.

Nichtsdestotrotz hatte Torf in früheren Zeiten als Brennmaterial, bei uns zeitlich begrenzt, gewisse "Sonderkonjunkturen" erlebt, die mit Kohlemangel und Autarkiebestrebungen, z.B. bei politischen "Ausnahmesituationen" wie dem 1.Weltkrieg und seinen Folgen, zusammenhingen. Aber die Weltbevölkerung nimmt stetig weiter zu und damit der Energie- und Rohstoffbedarf. Der Einsatz von Torf als Energieträger ist nach wie vor ein Indikator für "angespannte" Energiesituationen, z.B. in den heutigen Entwicklungsländern ähnlich wie bei uns vor mehr als 100 Jahren.

Mit Hilfe türkischer, chinesischer und indischer Firmen wurde im Jahre 2017 das erste afrikanische Torfkraftwerk in Ruanda (Teil der ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika) in Betrieb genommen und weitere sollen dort bis ca. 2019 folgen mit einer Gesamtleistung von knapp 100 MW (Standorte Gisagara, Gishoma). Das auszubeutende Torfvorkommen hat eine Fläche von ca. 500 km² (=50.000 Hektar; vgl. Kendlmühlfilzen: 8 km²).

Auch in den Industrieländern wird bei Energiekrisen sofort auch immer über Torf als Energiereserve nachgedacht, so z.B. in Kanada und den USA im Zusammenhang mit der Ölkrise 1973.

Torf ist nach wie vor interessant

Die globale Torfneubildung der Moore liegt geschätzt bei 5 Milliarden Kubikmetern pro Jahr. Wegen seiner vielfältigen anderweitigen Eigenschaften finden sich bis heute für Torf außerhalb der "energetischen Verwertung" viele andere Anwendungen.

Torf wird sogar in neueren Patenten für unterschiedlichste Anwendungen ausdrücklich als Ausgangsrohstoff vorgeschlagen, u.a. als Filtermaterial im Umweltbereich.

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