Torf ist nicht gleich Torf

Heutzutage kommt man mit Torf meist nur noch im Garten-Center in Kontakt, wo reiner Torf als "Bodenverbesserer" oder "Bodenzuschlagstoff" angeboten wird oder in Form von Mixturen in sog. Spezialerden. Daneben findet man Torf auch noch in Kleinpackungen für Einstreu bei der Kleintierhaltung. In den allermeisten Fällen handelt es sich hierbei um sog. Weißtorf aus Hochmooren. Der Laie stellt sich meist genau diese Form als den "typischen Torf" vor.

Die Natur ist aber bei der Bildung von Torf wesentlich vielfältiger: Torf entsteht in Mooren durch das kontinuierliche Aufwachsen von Vegetation, die am Ende ihrer Tage als abgestorbene Biomasse nach dem Versinken im Moorboden unter weitgehendem Luftabschluss verschiedenen, sehr langsam ablaufenden Abbau- und Umwandlungsprozessen unterworfen ist (sog. Humifizierung).

Die Torfzusammensetzung hängt dabei zuallererst von den unterschiedlichen Pflanzen ab, die die Hauptmasse im Torf bilden. Sowohl die Pflanzenwelt als auch der genaue Verlauf der Vertorfung werden wiederum u.a. von der Anwesenheit z.B. von Mineralien aus dem Grundwasser beeinflusst sowie von den klimatischen Bedingungen bei der Moorbildung.

Schon hieraus lässt sich erahnen, dass Torfe je nach ihrer Herkunft in ihren Eigenschaften und Ausprägungen sehr vielfältig sein können. Dies lässt sich bereits mit der einfachen Unterscheidung von Hoch- und Niedermooren bzw. Waldmooren nachvollziehen. Das Pflanzenspektrum reicht dabei von Torfmoosen über Heidekraut, Wollgras, Riedgras, Schilf u.v.a. bis hin zu kompletten Bäumen, die in Waldmooren vertorft werden. Und nicht zuletzt spielt das Alter des Torfs für seine Zusammensetzung und Eigenschaften eine wesentliche Rolle.

Torfbildung setzt auch nicht zwangsläufig die permanente Anwesenheit von Wasser voraus. Man findet im Gebirge stellenweise sog. Trockenoder Bergtorf, der sich im Wechselspiel von Feuchtigkeit mit längerer Trockenheit des Bodens und niedrigen Temperaturen bildet. Die Verschiedenartigkeit der Torfsorten auch innerhalb eines Moores war und ist ein Problem für jede intensivere industrielle Nutzung von Torf, für welchen Zweck auch immer, weil die effektive industrielle Verarbeitung eines jeden Rohstoffs eine möglichst konstante Materialqualität über große Abbaumengen erfordert.

Humifizierung

Hauptprozess der Vertorfung ist die Humifizierung der abgestorbenen Biomasse, d.h. ihr zunehmender Ab- und Umbau mit der steten Zunahme an sog. Huminsubstanzen wie Humussäuren, Huminen. Dieser Vorgang ist auch gekoppelt mit der steten Zunahme des relativen Kohlenstoffgehalts in der Torftrockenmasse: Die Substanz wird umso dunkler, je weiter dieser Prozess fortgeschritten ist, seine chemischen Eigenschaften verändern sich deutlich (sog. Inkohlung).

Zur Klassifizierung von Torf wird u.a. der Grad dieser Humifizierung herangezogen, d.h. wie weit die Torfmasse im Lauf der Zeit strukturell und chemisch schon zersetzt und umgewandelt wurde. Die Humifizierung ist zwar ein kontinuierlicher Prozess, der Fachmann teilt aber den Humifizierungszustand des Torfs in 10 Stufen von H1 bis H10 ein.

In der Praxis trifft der Laie meist nur auf Fasertorf (im Gartencenter), Brenntorf = getrockneter Schwarztorf findet man praktisch nur in Moor-Museen.

[A] Fasertorf

= oberflächennaher junger Torf.

Das Pflanzenmaterial ist wenig zersetzt mit geringen Humifizierungsgraden H1 bis H3. Die ursprünglichen Pflanzenbestandteile (u.a. Faseranteile) sind noch erkennbar. Weißtorf ist ein im Moor oberflächennah gelagerter Fasertorf, der sich vorwiegend aus sog. Bleichmoosen in Hochmooren z.B. in Norddeutschland etc. gebildet hat. Er kommt dort in dickeren Lagen vor und ist in Form von Torfmull und Torfstreu für seine extreme Saugfähigkeit bekannt.

Oberflächennaher Torf ist in Süddeutschland wegen der beschleunigten Humifizierung meist wesentlich dunkler als der norddeutsche Weißtorf. Je nach Moortyp können auch Pflanzen wie Erika, Wollgras, Besenheide etc. zur Torfbildung beitragen.

Moorpflanzen wie Wollgras und Riedgräser führen zu Anteilen an sehr verrottungsfesten Fasern im Torf, welche zeitweise auch zur Herstellung von Torftextilien verwendet wurden.

Gärtnertorf ist Fasertorf

Die Porosität des Fasertorfs beträgt über 90%. Wegen der damit verbundenen Speicherkapazität für Wasser, Luft und Nährstoffe stellt er nach wie vor ein ideales Ausgangsmaterial für die gärtnerische Pflanzsubstratherstellung dar. Torf bildet sich in der Natur permanent neu (globaler Zuwachs: 5 Milliarden m³/Jahr). Er ist eine sehr wertvolle Ressource und sollte daher nur von Fachkundigen eingesetzt werden. Dann aber wirkt er im Pflanzenbau als Vegetationsbeschleuniger und als Humus-Multiplikator mit letztlich positiver CO2-Ökobilanz.

Naturbelassener Hochmoor-Fasertorf ist mineralarm und reagiert aufgrund der Huminsäurechemie sauer mit pH-Werten um 3 und eignet sich in dieser Form zur Anlage von sog. Moorbeeten mit Azaleen, Rhododendron.

Auch wenn sich Gärtnertorf weitgehend trocken anfühlt, weist er dennoch einen deutlichen Wassergehalt auf. Ein gewisser Wassergehalt des Torfs sollte nicht unterschritten werden, weil er für dessen Wirksamkeit im Boden wichtig ist (z.B. bzgl. Ionenaustauschkapazität, Wasserspeichervermögen).

Wasserfrei getrockneter Torf verliert viele dieser Funktionen, z.B. wird er wasserabweisend (hydrophob).

[B] Schwarztorf

Strukturloser, hochzersetzter Torf: Humifizierung H8 – H10.

Sehr alte Torfmasse aus den tieferen Moorschichten. Farbe sehr dunkles rötliches Braun bis nahezu Schwarz. Durch den weit fortgeschrittenen Ab- und Umbau der Biomasse sind praktisch keine Pflanzenfasern mehr zu erkennen. Bei der Entnahme aus dem Moor ist die Konsistenz puddingartig (sog. Specktorf). Der Huminsäuregehalt ist sehr viel höher als beim jungen Fasertorf. Schwarztorf wird deswegen auch für medizinische Moorbäder verwendet.

Schwarztorf weist zwar ebenfalls einen hohen Wassergehalt auf. Dieser besteht nur noch zu einem kleineren Teil aus schwammartig gebundenem Wasser. Der wesentliche Teil des Wassers (über 60%) ist u.a. durch Kolloidkräfte fest an die Torfsubstanz gebunden und kann auch mit hohen Drücken nicht ausgepresst werden. Dieser Wasseranteil des Torfs kann in der Praxis nur durch Trocknung an der Luft oder durch Erwärmung reduziert werden.

Als Pflanzsubstrat für gärtnerische Zwecke kann Schwarztorf erst verwendet werden, wenn er z.B. durch Auffrieren im Winter ein deutlich höheres Porenvolumen zurückgewinnt.

Brenntorf

Der Kohlenstoffgehalt von Schwarztorf ist wegen der wesentlich weiter fortgeschrittenen Humifizierung der Biomasse höher als beim jüngeren Fasertorf und damit ist der Heizwert höher. Hochmoor-Schwarztorf wurde daher als Brenntorf für Heizzwecke verwendet.

Niedermoortorf ist wegen seines hohen Mineral-/Aschegehalts weniger für eine "thermische Verwertung" geeignet.

Niedermoortorf

Niedermoortorf ist als Bodenverbesserer in unseren Gartencentern kaum im Angebot. Es wäre einer Überlegung wert, weil Niedermoore flächenmäßig bei uns den weitaushäufigsten Moortyp darstellen. Sie wurden allerdings meist unmittelbar in landwirtschaftliche Kultur genommen. Hierfür werden Niedermoorböden mit Sand vermischt oder abgedeckt und ergeben dann ertragreiche Nutzflächen.

In Niedermooren führt der zusätzliche Mineralgehalt des Bodens zu einem wesentlich intensiveren Bodenleben und damit einer schnelleren Zersetzung der Biomasse zu Humus und Torf. U.a. wird dadurch Stickstoff vermehrt pflanzenverfügbar und das Bodenmaterial ist damit grundsätzlich wesentlich fruchtbarer als Hochmoortorf. Wegen des nahezu neutralen pH-Wertes kann damit aber kein klassisches Moorbeet mit saurem Boden angelegt werden.

In der ehemaligen DDR wurde aber im Sinne einer maximalen Ressourcennutzung auf anderweitig nicht nutzbaren Niedermoorflächen Torf zur Herstellung von Kulturerden und Komposten für den Garten- und Obstbau abgebaut. Ähnlich wie der Schwarztorf kann auch beim Niedermoortorf der Porengehalt durch winterliches Auffrieren nochmals gesteigert werden.