Torf im Gartenbau

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Torf ist Humus

Beim gärtnerisch interessierten Laien baut sich beim Begriff "Humus" vor dem geistigen Auge oft der berühmte Komposthaufen auf, in dem sich die Ringelwürmer ringeln und die Springschwänze springen. Verschiedene Bazillen und Pilze schaffen im Innern des Komposts ein warmes und heimeliges Ambiente, und alles ist wunderbar und die Radieschen und Kürbisse werden immer größer.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Umgangssprachlich meint man mit Humus meist eine besonders fruchtbare, üppig mit Kompostmaterial angereicherte Erde. Kompost ist Humus, aber eben nur eine von vielen möglichen Formen des Stoffes "Humus", der ähnlich wie Torf letztlich abgestorbene und in Umsetzung begriffene vorwiegend pflanzliche Biomasse ist.

Die Ursache für diverse Missverständnisse ist der unterschiedliche Gebrauch des Begriffs "Humus": einerseits umgangssprachlich, andererseits als Fachbegriff.

Die wissenschaftliche Bodenkunde definiert "Humus" wie folgt: Humus ist ein Bodenbestandteil und beschreibt die Gesamtheit unbelebter/toter organischer Materie biologischen Ursprungs im Boden. Den größten Anteil des Humus stellen abgestorbene Pflanzenteile dar. Es werden aber zum Humus auch alle Rückstände aus dem Leben von Mikroben, Tier und Mensch gerechnet. Humus umfasst nicht nur alles frisch anfallende organische Material (z.B. Biomasse, Rohhumus, Baumstreu), sondern insbesondere auch alle Folgeprodukte durch Abbau und Umwandlung dieses Ausgangsmaterials infolge unterschiedlichster biologischer, chemischer und physikalischer Prozesse.

Und eine Form dieser äußerst wertvollen Substanz "Humus" ist eben auch Torf.

Was unterscheidet nun aber Kompost und Torf?

Humusbildung (Umwandlung von Biomasse) läuft natürlich auch im Moor ab, wobei infolge von Luftmangel sich im Boden sehr langsam das Endprodukt Torf als spezielle Humusform bildet. Beim Komposthaufen wird hingegen auf eine ausreichende Luftzufuhr geachtet und damit die Abbau- und Umwandlungsprozesse in eine andere Richtung gelenkt. Insbesondere laufen diese Abbauprozesse wesentlich schneller ab als im Moor. Gärtnerische Komposte basieren auf nährstoffreichem Pflanzengut, wohingegen z.B. Hochmoortorfe sich aus sehr nährstoffarmem Pflanzenmaterial entwickeln.

In all diesen Fällen bleibt nach den Umwandlungs- und Abbauprozessen nur ein Bruchteil der ursprünglich anfallenden Biomasse in Form von Kompost oder Torf übrig. Das sonstige organische Material wird je nach Sauerstoffbilanz z.B. zu CO2 oder Methan und anderen niedermolekularen Substanzen abgebaut (sog. Mineralisierung) und verflüchtigt sich u.a. in die Atmosphäre. Dies gilt sowohl für den Komposthaufen als auch das Moor.

Bei Hobbygärtnern liegt sog. Rohhumus, z.B. als frisches, noch unzersetztes Mulchmaterial, oder im frisch aufgesetzten Komposthaufen vor. Infolge des Luftzutritts beginnt das vorhandene Bodenleben (Pilze, Bakterien, Klein- und Kleinsttiere), diese Biomasse als Nahrungsquelle zu verarbeiten und sich stark zu vermehren. Je nach Ausgangsmaterial und "Reifegrad" stellt sich der entstehende Kompost zunehmend als eine Mixtur aus Nährhumus mit seinen unmittelbar pflanzenverfügbaren Nährstoffen und dem langzeitstabilen makromolekularem Dauerhumus dar.

Der sog. Dauerhumus liefert vor allem Beiträge zur Bodenstruktur (z.B. durch Ausbildung von Ton-Humus-Komplexen) und damit zum Nährstofftransport, ist aber keine eigentliche Pflanzennahrung (Dünger). Dieser Dauerhumus mit seinen organischen Huminverbindungen weist die größte spezifische Nährstoffspeicherkapazität (Ionenaustausch) unter allen Bodenbestandteilen (u.a. Ton, Lehm) auf! In unseren Breiten wird Hochmoor-Fasertorf meist als "Bodenverbesserer" oder "Bodenzuschlagsstoff" für eine optimale Bodenstruktur im Gartenbau verwendet. Als Mulchmaterial wirkt er sehr effektiv gegen Schnecken.

Ähnlich wie Kompost wird naturbelassener Torf dann durch den Luftzutritt und das Bodenleben im Gartenbeet in Richtung Nährhumus und Dauerhumus abgebaut und umgewandelt. Torf enthält immerhin ca. 2% Stickstoff in organisch gebundener Form, dieser ist damit aber nicht unmittelbar pflanzenverfügbar. Erst durch eine weitergehende Humifizierung und Zersetzung des Torfs wird der Stickstoff mineralisiert und damit pflanzenverwertbar. Die porenreiche Faserstruktur des Torfs verliert sich durch diese Zersetzung im Lauf der Zeit, und er ist mit bloßem Auge kaum mehr sichtbar. Die organische Substanz des Torfs ist aber deswegen nicht verschwunden, sondern liegt über lange Zeit noch fein verteilt im Boden vor und wertet mit ihren Huminsubstanzen schwere oder sandige Böden auf.

Torf ist pfui?

Die öffentliche Meinung richtet sich aktuell gegen jeglichen Gebrauch von Torf, insbesondere im deutschen Blumentopf. Diverse Diskussionsbeiträge aus den mitteleuropäischen Landen zum Thema Torf tragen inzwischen die Züge einer irrationalen Hexenjagd, die die Verwendung auch nur eines Stäubchens Torf verteufelt.

Insbesondere wird in Abrede gestellt, dass Torf irgendeinen Nutzen oder Vorteil im Gartenbau hätte. Eine etwas unaufgeregtere Umgangsweise mit dem Thema zeigt, dass Torf oft von wenig informierten Hobbygärtnern tatsächlich falsch und damit überflüssigerweise eingesetzt wird, was aber sicher nicht die Schuld des Torfs ist. Torf ist eine wertvolle Ressource und sollte daher mit Augenmaß sachgerecht verwendet und angemessen bezahlt werden.

Anzumerken ist, dass die globale Torfneubildung ca. 5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr beträgt und Torf damit letztlich auch nachhaltig genutzt werden kann.

Torf im Erwerbsgartenbau

Warum hat Torf zwar im Erwerbsgartenbau noch einen erheblichen Stellenwert, nicht aber für den einfachen Hobbygärtner?

Zur Versachlichung der Diskussion ist es sinnvoll, die Torfnutzung durch Fachleute zu betrachten. Hier geht es etwas unromantisch um eine effiziente und berechenbare Pflanzenaufzucht zur Versorgung der Bevölkerung.

Der Erwerbsgartenbau umfasst dabei den systematischen und wirtschaftlichen Anbau von:

  • Gemüse
  • Obst
  • Zierpflanzen/Blumen
  • Pflanzenzucht/Baumschulen
  • Pilzzucht u.a.

Je nach Gartentechnik stellt sich dabei die Aufgabe, eine große Zahl von Pflanzen bei notwendiger hoher Setzdichte und damit sehr begrenztem Wurzelraum pro Pflanze mit hoher Erfolgsquote und Qualität aufzuziehen.

Dies erfordert nun ein Bodensubstrat mit einer sehr viel höheren Porosität als bei "normalen" Böden, um den Pflanzenwurzeln dennoch in ausreichendem Maße Wasser bzw. nährstoffhaltige Bodenlösung sowie Luft zuzuführen.

Hervorragende Torfeigenschaften

Im Gegensatz zur Hobbygärtnerei liegt für den Erwerbsgartenbau der Knackpunkt darin, dass die Sache keine Spielerei ist, sondern im großen Maßstab zuverlässig funktionieren und sich rechnen muss.

Voraussetzung hierfür ist dabei die hohe Qualität des Substratmaterials u.a. im Hinblick auf:

  • gezielte Einstellbarkeit der Substrateigenschaften u.a. von pH-Wert und Nährstoffgehalt für eine optimale Nährstoffaufnahme,
  • Freiheit von Belastungen wie Schadstoffen, Unkrautsamen, mikrobiellen Belastungen,
  • Reproduzierbarkeit/Konstanz der Substrateigenschaften/ Qualitäten: Sie dürfen z.B. keinen jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen.

Wenn also Torf als Substratbasis verwendet wird, hat es ganz schlicht sachliche Gründe. Schon aus Eigeninteresse fehlte und fehlt es natürlich nicht an intensiven Bemühungen der einschlägigen Industrie, nach Alternativen für Torf zu suchen. Wenn man sich nun viele der als "torffrei" gepriesenen Pülverchen und Mixturen genauer anschaut, stellt man schnell fest: So schlecht hat Mutter Natur das mit dem Torf gar nicht gemacht.

Bisher finden sich nämlich in der Summe der nötigen biologisch-physikalisch-chemischen Eigenschaften keine durchgreifenden Alternativen zu Torf als Ausgangsmaterial für die professionelle Substratherstellung im Industriemaßstab.

Weiterhin ist der technische Aufwand, andere Biomassen, wie z.B. Holz, in Kultursubstrate ausreichender Qualität umzuwandeln, teilweise erheblich größer, was natürlich auf entsprechend höhere Preise der "torffrei"-Produkte hinauslaufen würde. Diese höheren Preise hätte logischerweise letztlich der Kunde beim Einkauf von Obst und Gemüse zu bezahlen, was wiederum vom Markt schwer akzeptiert wird. Fair Trade gilt nicht nur für die exotischen Indio-Bauern.

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